Roman P. Falta © QUADRAGON Management LLC

Roman P. Falta © QUADRAGON Management LLC

Roman P. Falta, Jahrgang 1976, studierte an der Universität St. Gallen Wirtschafts-­ und Rechtswissenschaften (lic. iur. HSG) und hält Weiterbildungsdiplome in Sozioanthropologie und Psychologie u.a. der Harvard University und der UC Berkeley. Seine Berufskarriere begann er in einer führenden Strategieberatung, gefolgt von Arbeitstätigkeiten am Gericht, in der Finanzverwaltung und einer Anwaltskanzlei. Im Anschluss war Roman P. Falta für diverse Bereiche im Corporate Legal und der Compliance eines Global Fortune 500­-Unternehmens zuständig. Er hat selbständig eine Unternehmensgruppe aufgebaut und ist Mitherausgeber des „Praxishandbuch Legal Operations Management“. Roman P. Falta beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Optimierung von Professional Services Management sowie der Hochleistungsfähigkeit von Einzelpersonen und Teams. Im Interview mit Xecutives.net nimmt er Stellung zu Juristen-Klischees, spricht über die Bedeutung von Legal Operations Management und zeigt auf, wie man Corporate Professional Services Departments (Rechtsabteilungen, Compliance, Risk Management, Finance oder Internal Audit) nachhaltig optimieren kann.

Xecutives.net: Herr Falta, Sie sind Unternehmer, Jurist und Mitherausgeber des „Praxishandbuch Legal Operations Management“. Bevor wir auf dieses Thema eingehen, möchte ich Sie fragen, warum sich viele Menschen oft mit ihrem Berufsstand, also den Juristen, schwer tun. Es scheint, und man kann das drehen und wenden, wie man will, dass Juristen mit Klischees behaftet sind. Mehr möglicherweise, als Menschen anderer Berufsgattungen?

Roman P. Falta: Da haben Sie nicht ganz unrecht und einige Autoren und Interviewpartner nehmen in unserem Gemeinschaftswerk sehr schön dazu Stellung. Zum einen hängen viele Klischees sicherlich damit zusammen, dass das Verständnis von Recht für Nichtjuristen schwierig ist; Recht kann subjektiv als nicht gerecht wahrgenommen werden. Zudem ist das Recht für den Laien oft auch inhaltlich schwer verständlich. So wurde zum Beispiel die Sprache des Rechts über die Jahrhunderte – teilweise auch bewusst – sehr komplex gehalten. Werfen Sie dazu nur einen Blick ins Deutsche Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das im Gegensatz zum Schweizerischen Obligationenrecht (OR) für einen durchschnittlichen Leser in der Regel nicht wirklich verständlich ist. Zudem basiert unser Rechtsdenken auch heute noch in einigen Bereichen auf demjenigen der Römer. Wichtige Gesetzesbücher, wie das OR, sind an vielen Stellen von römischem Gedankengut durchsetzt. Wenn man bedenkt, dass Gerichte bei schwierigen rechtlichen Problemen auch heute noch auf das zweitausend Jahre alte rechtliche Wissen des römischen Reichs zurückgreifen, so ist das doch ganz erstaunlich. Bis vor einigen Jahren mussten die Jura-Studenten deshalb auch noch die lateinische Sprache beherrschen. Alles Gründe, weshalb sich Menschen ausserhalb der Rechtsprofession selten bis gar nicht mit den Rechtswissenschaften beschäftigt haben.

Zum anderen ist ein Teil der negativen Aussenwahrnehmung in der fehlenden qualitativen Beurteilungsfähigkeit der juristischen Arbeit zu suchen. Für einen Aussenstehenden ist es relativ schwierig, diese zu messen und entsprechend zu bewerten, ähnlich wie etwa die Leistungen eines Arztes. Braucht ein Jurist eine Stunde für die Durchsicht eines Vertrages oder deren fünf? Weshalb hat er nun vor Gericht genau gesiegt bzw. verloren? Ohne diese Fragen schlüssig für sich beantworten zu können, erhält der Klient am Ende aber immer eine Honorarnote, so dass der Eindruck entstehen kann, der Jurist ginge – unabhängig vom Erfolg oder Misserfolg für seinen Mandanten – immer als Gewinner hervor. Auch Hollywood hat sicher das Seine zum teilweise negativen Image beigetragen. In vielen Filmen und Serien werden Juristen – vor allem im Anwaltsberuf – nicht nur als überdurchschnittlich intelligent und extrem scharfzüngig, sondern auch als besonders ehrgeizig und leider oft als moralisch fragwürdig dargestellt.

Wirtschaft und Recht - zwei Seiten der gleichen Medaille © QUADRAGON Management LLC

Wirtschaft und Recht – zwei Seiten der gleichen Medaille © QUADRAGON Management LLC

Xecutives.net: Und wie werden Juristen in Unternehmen wahrgenommen?

Auch hier treffen wir oft auf Vorurteile: Der Unternehmensjurist wird nicht selten als „Bremsklotz“ wahrgenommen, der das Geschäft kompliziert macht. Zwar müssen Geschäfte abgeschlossen werden, um Umsatz zu generieren, jedoch wird von Unternehmensjuristen gleichzeitig auch verlangt, Risiken beim Geschäftsabschluss zu minimieren und den Finger auf wunde Punkte zu legen. Das ist ein schwieriger Spagat, bei dem Legal Counsels über weit mehr als nur rechtliche Kenntnisse verfügen müssen. Damit dieser Spagat besser gelingt, zeigen wir in unserem Praxishandbuch den Juristen in Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung auf, wie sie es schaffen, effektiver, effizienter und professioneller zu arbeiten. Wir zeigen ihnen aber auch auf, wie sie intern vermehrt als kooperative und unternehmerisch denkende Spezialisten wahrgenommen werden. Die Zeiten, in denen man als Rechtsabteilung eine ausschliessliche „Business Defense Unit“ war, sind unserer Meinung nach in den meisten Betrieben definitiv vorbei. Heute wird von Unternehmens- und Verwaltungsjuristen in der Praxis neben der Beherrschung des juristischen Handwerks auch eine dezidierte unternehmerische Denkweise gefordert. Für viele, die noch im alten „Feuerwehr“-Verständnis von Rechtsabteilungen gross geworden sind, kann eine solche Umstellung auf ein modernes und dienstleistungsorientiertes Legal Operations Management jedoch mit gewissen Herausforderungen verbunden sein.

Xecutives.net: Sie sprechen die Kenntnis wirtschaftlicher Zusammenhänge an. Was muss man sich unter dem Begriff „Legal Operations Management“ vorstellen und wo liegen die Schnittstellen zum „Professional Services Management“?

Roman P. Falta: Beide Begriffe sind sehr eng miteinander verknüpft. Beim Professional Services Management geht es ganz generell darum, wie Professional Services-Einheiten am besten aufgebaut, betrieben und verbessert werden können. Dabei unterscheidet man zwei grosse Gruppen: Einerseits die Professional Service Firms (PSF), wie Anwaltskanzleien, Steuerberater, Treuhänder, Unternehmensberater, Executive Search etc. und andererseits Corporate Professional Services Departments (CPS). Es handelt sich dabei um hochspezialisierte Fachabteilungen in Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung, wie etwa Rechts-, Compliance-, Risk Management-, Finance- oder Internal Auditabteilungen. Möchte man zum Beispiel die Rechtsabteilung im Unternehmen oder in einer Behörde optimieren, bietet Legal Operations Management als Unterbereich des Professional Services Managements dafür ein zweckmässiges Arsenal an Modellen, Strategien und Massnahmen.

Juristen bei der täglichen Legal Operations Management-Arbeit © QUADRAGON Management LLC

Juristen bei der täglichen Legal Operations Management-Arbeit © QUADRAGON Management LLC

Xecutives.net: Genügen die Modelle, Strategien und Massnahmen nicht, die man aus dem allgemeinen Management kennt, um damit auch die von Ihnen angesprochenen Fachabteilungen respektive hochspezialisierte Dienstleistungsunternehmen zu optimieren?

Roman P. Falta: Das hat man leider lange Zeit fälschlicherweise angenommen. Die Entwicklung in beiden Bereichen verlief jedoch unterschiedlich. Um diesen Unterschied aufzuzeigen, ist ein Blick zurück in die Geschichte der Management-Lehre nötig, denn das erste aus Management-Sicht wirklich als „modern“ zu bezeichnende Unternehmen, die Dutch East India Co., wurde im Jahre 1602 gegründet. In der Folge hat es rund 300 Jahre gedauert, bis die Harvard University im Jahr 1908 den weltweit ersten MBA-Lehrgang ins Leben rief; ein Ausbildungsprogramm, in dem Studenten lernten, mit welchen Modellen, Strategien und Tools Grossunternehmen administriert werden. Die meisten MBA-Lehrgänge befassten sich – basierend auf dem Harvard-Ansatz – in der Folge, bis weit über die Mitte des 20. Jahrhunderts, fast ausschliesslich mit der Administration und Optimierung grosser Organisationen. Hinsichtlich des Managements von Professional Service Firms (PSF), nahm man einfach an, dass diese genau gleich funktionierten wie Grossunternehmen. Es wurden daher die Management-Inhalte aus den MBA-Programmen einfach auf die viel kleineren PSF-Organisationen angewandt, sozusagen auf ihre kleinen Kopien.

In den „goldenen“ 60er- bis 90er-Jahren des 20. Jahrhunderts machten sich daher nur wenige Leute im Professional Services Firm-Umfeld Gedanken bezüglich des Managements ihrer spezialisierter Boutiquen. Die Wirtschaft brummte in der westlichen Welt auch ohne die Auseinandersetzung mit PSF-Management. Alles kannte – von einigen kurzen Unterbrechungen einmal abgesehen – nur eine Richtung: nach oben. Der Einsatz ausgeklügelter Strategien, Werkzeuge und Skillsets war für die meist partnerschaftlich organisierten PSF-Organisationen gar nicht nötig, um als Anwalts-, Steuer- oder Beratungsunternehmen erfolgreich zu sein. Trotz einiger früher Warner, wie zum Beispiel dem von mir sehr geschätzte David Maister, begann ein Umdenken auf breiter Front erst gegen Ende der 1990er-Jahre. Das bis dahin „einfache“ Geldverdienen war auf einmal vorbei und viele der Erkenntnisse, die man sich in MBA-Lehrgängen angeeignet hatte, reichten in Professional Service Firms nicht aus, um weiterhin überdurchschnittlich erfolgreich zu sein.

Corporate Professional Services und Professional Service Firms unterscheiden sich massgeblich © QUADRAGON Management LLC

Corporate Professional Services und Professional Service Firms unterscheiden sich massgeblich © QUADRAGON Management LLC

Xecutives.net: Und wie war die Entwicklung bei den Corporate Professional Services-Abteilungen, wie z.B. in Risk Management- oder Finanzabteilungen? Wurden dort die gleichen Fehler wie bei den Professional Service Firms gemacht?

Roman P. Falta: Bei diesen wurde noch weniger unternommen. CPS-Abteilungen hatten in der Vergangenheit keine grosse eigenständige Management-Bedeutung in der Betriebswirtschaftslehre. Das sieht man ja auch heute noch daran, dass die relevanten Bücher zu diesem Thema im deutschsprachigen Raum an zwei Händen aufgezählt werden können. Geht man sogar noch eine Stufe tiefer und betrachtet einzelne dieser Fachabteilungen, dann sieht es noch spärlicher aus. So gibt es zum Beispiel hinsichtlich des Managements von Rechtsabteilungen – neben dem nun erscheinenden „Praxishandbuch Legal Operations Management“ – nur eine Handvoll weiterer deutschsprachiger Werke, die sich mit dem Management von Recht in Unternehmen und Behörden beschäftigen. Ich schätze daher, dass wir im Bereich der einzelnen Corporate Professional Services Departments wohl um rund 20 Jahre hinter den Entwicklungen bei den Professional Service Firms zurückliegen.

Xecutives.net: In welchen Belangen unterscheiden sich CPS- von anderen Abteilungen?

Roman P. Falta: Ich denke, eines der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale sind die Mitarbeitenden. Fast alle CPS-Professionals haben studiert oder gar promoviert, sind daher hochspezialisierte Wissensarbeiter. Sie sehen sich selbst in der Regel als besonders unabhängige Persönlichkeiten, die ihre Arbeit nicht nur wegen des Geldes verrichten, sondern in ihr akzentuiert nach Sinn, Erfüllung und Freude suchen. Dadurch herrschen in CPS-Teams nicht nur besondere Sozialdynamiken zwischen den einzelnen Mitarbeitenden, auch die Beziehungsgestaltung zwischen dem Vorgesetzten und seinem Team sowie gegenüber Dritten ist sehr viel komplexer, als in „normalen“ Abteilungen.

Zudem werden dem Betrieb von Corporate Professional Services Departments häufig keine massgeschneiderten Modelle und Konzepte zugrunde gelegt. Ich möchte Ihnen dies anhand des bereits angesprochenen Images von Unternehmensjuristen aufzeigen, die vielerorts – zu Recht oder Unrecht –, als „Geschäftsverhinderer“ wahrgenommen werden: Ein General Counsel möchte sich und sein Team im Konzern besser vermarkten. Mangels anderweitiger Informationen, scheint es in einer solchen Situation für viele naheliegend, Konzepte, Strategien und Massnahmen aus dem Dienstleistungsmarketing anzuwenden, zumal ja eine „Dienstleistungsabteilung“ besser „vermarktet“ werden soll. Das Problem dabei: Die spezifischen Theorien und Modelle des Dienstleistungsmarketings befassen sich mit der Vermarktung von Dienstleistungen gegen aussen, d.h. gegenüber externen Kunden im Verbrauchermarkt. Sie passen daher gar nicht oder im besten Fall nur analog auf die beschriebene Problemstellung des General Counsel. Anstatt sich mit Dienstleistungsmarketing zu beschäftigen, wäre es im vorliegenden Fall daher nötig, sich mit spezifischer CPS-Identitätsgestaltung auseinanderzusetzen, welche das Image und die strategische Positionierung der Rechtsabteilung gegen innen und aussen – im Zusammenspiel mit weiteren wichtigen Identitätswerkzeugen – nachhaltig verbessern kann. Denn nur durch die Anwendung wirklich passender Inhalte kann in der Praxis sichergestellt werden, dass Corporate Professional Services-Abteilungen als wichtige und wertvolle Business Partner wahrgenommen werden.

Wenn Konzepte, Modelle und Strategien nicht aufeinander abgestimmt sind, ist Kaffee-Trinken angesagt © QUADRAGON Management LLC

Wenn Konzepte, Modelle und Strategien nicht aufeinander abgestimmt sind, bleibt oft nur Kaffe-trinken und abwarten © QUADRAGON Management LLC

Xecutives.net: Sie sagen also, dass den Corporate Professional Services-Abteilungen – wie z.B. Rechts- oder Compliance-Abteilungen – bei Problemen zu oft die falschen Modelle und Strategien zugrunde gelegt werden. Gibt es denn keine aktuellen Konzepte, die diesen speziellen Abteilungen gerecht würden?

Roman P. Falta: Als ich 2006 begann, mich eingehend mit Professional Services Management zu beschäftigen, bin ich rasch an Grenzen gestossen: Zwar gab es aus dem generellen MBA-Werkzeugkasten eine Vielzahl unspezifischer Modelle, Analyse- und Optimierungstools, die man mehr schlecht als recht in der CPS-Optimierung anwenden konnte, doch habe ich bei meinen Recherchen kein überzeugendes und in sich geschlossenes System zum Aufbau, zur Analyse und zur Optimierung von Corporate Professional Services Departments finden können. Heute ist die Situation natürlich einiges komfortabler. Wir arbeiten derzeit mit einem selbst entwickelten und in der Praxis erfolgreich angewandten CPS–Modell, das auch für das „Praxishandbuch Legal Operations Management“ die Grundlage und für dessen Kapitelunterteilung den inhaltlich roten Faden bildete. Das Modell ist nicht im Elfenbeinturm einer Universität entstanden, sondern basiert auf den gesammelten beruflichen Erkenntnissen von mir und vielen weiteren Experten. Unser Ansatz war es immer, von der Praxis zu lernen und die Erkenntnisse anderen zugänglich zu machen. Daher wollten mein Mitherausgeber Christian Dueblin und ich auch für das Management der Rechtsfunktion ein Standardwerk schaffen, das neben theoretischen Inhalten vor allem sehr viel Praxiswissen beinhaltet. Die rund 40 am Buch mitwirkenden Autorinnen und Autoren waren bei der Behandlung ihrer Spezialthemen daher auch absolut frei, wie sie ihre Beiträge ausarbeiten. Wir haben ihnen lediglich nahegelegt, den Schwerpunkt möglichst auf ihre eigenen Erfahrungen zu legen, um spezifische Inhalte beizusteuern.

Xecutives.net: Worauf ist denn im Speziellen zu achten, wenn man das Funktionieren einer Corporate Professional Services-Abteilung, wie zum Beispiel einer Rechtsabteilung, verbessern möchte?

Roman P. Falta: Um eine Rechtsabteilung nachhaltig optimieren zu können, müssen drei unterschiedliche Ebenen adressiert werden: Ganz wichtig ist es, zu Beginn die „Fundamentalebene“ genau unter die Lupe zu nehmen, d.h. die Ausgestaltung von Identität, interner und externer Positionierung sowie diverser Führungsthemen. Die Fundamentalebene stellt dabei die Grundlage dar, auf der die nachgelagerten Bereiche aufbauen. Im nächsten Schritt ist die eher etwas „technischere“ „Strukturalebene“ zu betrachten. Diese birgt viel Optimierungspotential hinsichtlich interner Strukturen, Prozesse sowie Ressourcen und ist diejenige Ebene, die heute im Markt am meisten Aufmerksamkeit erfährt. Da die meisten Restrukturierungs- und Optimierungsprojekte sich jedoch ausschliesslich mit dieser Ebene befassen, ohne die Fundamentalebene miteinzubeziehen, können solche Projekte in der Praxis oft nicht die gewünschten Resultate zeitigen. Schliesslich ist auch die ebenfalls sehr wichtige „Operativebene“ zu durchleuchten, da sich auf ihr der effektive Massnahmenkreislauf der Rechtsabteilung abspielt.

Das QUADRAGON Legal Operations Management-Modell © QUADRAGON Management LLC

Das QUADRAGON Legal Operations Management-Modell © QUADRAGON Management LLC

Xecutives.net: Und wo setzen Sie konkret an, wenn es um eine professionelle Optimierung einer Rechtsabteilung geht?

Roman P. Falta: Bei der Optimierung einer Rechtsabteilung geht es insbesondere darum, alle drei vorgenannten Ebenen sorgfältig zu analysieren und Problembereiche zu erkennen, die nicht mit den Optimierungszielen des Unternehmens oder des General Counsel deckungsgleich sind. Dabei sollte der Fokus der Zusammenarbeit nicht nur auf dem Leiter der Rechtsabteilung liegen, sondern auch auf dessen Legal Team in seiner Gesamtheit sowie auf den einzelnen, individuellen Mitarbeitenden. Schliesslich nützt es ihnen nichts, wenn sie zwar über die besten Strukturen und Prozesse verfügen, ihr Legal Team aber demotiviert ist oder einzelne Mitarbeitende sogar bereits innerlich gekündigt haben. Die Optimierung auf allen drei Ebenen unter Miteinbezug der relevanten Interaktionspartner ist daher so entscheidend, weil alle Involvierten als eine gemeinsam agierende Einheit betrachtet werden müssen. Die sprachliche Trennung dieser Bereiche ist denn auch eine sich oft unbemerkt einschleichende semantische Illusion. Eine starke Identifizierung, positive Sozialdynamiken im Inneren und im Äusseren, eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit sowie eine insgesamt erhöhte Produktivität, Effektivität und Effizienz der Unternehmensjuristen funktionieren nur dann, wenn die Abteilung und das Team in den Gesamtkontext integriert sind und jedes einzelne Teammitglied in seiner „psychological safety zone“ tätig sein kann. Google zum Beispiel hat dies im Rahmen seiner Forschung zur Team-Performance voll und ganz verstanden. Ich bin mir daher sicher, dass sich auch andere Unternehmen und Behörden mit diesen Erkenntnissen auseinandersetzen werden.

Xecutives.net: Neben dem People Business ist das Messen von Performance in Rechtsabteilungen eine grosse Herausforderung. Gerade auch für Konzerne, die oft über grosse Rechtsabteilungen verfügen. Die Tätigkeit der Rechtsabteilung lässt sich, im Gegensatz etwa zu einer Einkaufs- oder Verkaufsabteilung in einem Unternehmen, nur schwer in Zahlen ausdrücken. Wie kann man die Leistungsfähigkeit einer Rechtsabteilung in einem Unternehmen messen?

Roman P. Falta: Das ist ein ganz wichtiger Punkt und zahlreiche Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Lehre haben im Buch auch dazu Stellung genommen. Eine vertiefte Erörterung über die gefundenen Erkenntnisse würde den Rahmen dieses Gesprächs aber wohl leider sprengen. Lassen Sie mich jedoch folgendes herausstreichen: Die Messung von Performance ist in Rechtsabteilungen grundsätzlich nicht schwieriger, als im Verkauf oder in anderen Business Defense Units. Das scheint von aussen betrachtet nur oft schwieriger, weil viele General Counsels aufgrund ihrer Ausbildung nicht gewohnt sind, qualitative Gesichtspunkte ihrer Arbeit zu quantifizieren und Performance-gewichtet zu analysieren. Es kann aber in der Regel alles, was tatsächlich auch sinnvoll ist, quantifiziert werden. Die berechtigte Frage lautet daher eher, was an Messbarem man tatsächlich auswählt und entsprechend analysiert bzw. zur Performance-Messung heranzieht. Solange in der Praxis aber die rein qualitative Sichtweise vorherrscht – schafft es ein General Counsel einen Millionenhaftungsfall abzuwenden, so ist das in der Regel schon genügend Grund, ihn eingestellt zu haben – ist eine ehrliche Diskussion über die Performance-Messung in Rechtsabteilungen meines Erachtens eher obsolet. 

KPIs und Legal Risk Metrics © QUADRAGON Management LLC

KPIs und Legal Risk Metrics © QUADRAGON Management LLC

Xecutives.net: Wie aber kann ein General Counsel oder auch eine Geschäftsleitung die Performance der Rechtsabteilung messen, wenn kein einmaliger Fall, wie eben von Ihnen geschildert, vorliegt?

Roman P. Falta: Genau gleich, wie in anderen Abteilungen auch. Ich rate General Counsels in solchen Fällen aber, nicht mehr als fünf bis zehn spezifische Key Performance Indicators (KPI) einzusetzen. Wichtig ist es, die für meine Abteilung „richtigen“ KPIs zu finden und falls möglich in das bestehende Management Information System (MIS) zu integrieren. Wo diese nicht integriert werden können, sollte man darauf achten, dass eine sinnvolle Alternativlösung umgesetzt wird – zum Beispiel eine individuelle Balanced Scorecard-Lösung für das Legal Department -, die dann bei Teamsitzungen oder in Verhandlungen mit der Geschäftsleitung als Daten- sowie Argumentationsgrundlage dienen kann. Das Praxishandbuch gibt hierzu viele wertvolle Ratschläge und detaillierte Hilfestellung.

Xecutives.net: Und wie steht es mit dem oft beschworenen Legal Risk Management?

Roman P. Falta: Dasselbe Problem der sinnvollen Quantifizierung haben viele General Counsels auch, wenn es um Legal Risk Management geht. Auch in diesem Bereich wird heute noch oft viel zu wenig professionell gearbeitet. Dabei existieren relativ einfache Konzepte und Lösungen, um ein sinnvolles Legal Risk Management-System in kurzer Zeit aufzubauen und erfolgreich zu betreiben. Dies wäre für jeden General Counsel eigentlich sehr wichtig, denn mit einer professionellen, zahlenbasierten Legal Risk Management-Lösung entspricht er nicht nur der oft ausschliesslich quantitativen Weltsicht der Geschäftsleitung, sondern wird dann von dieser auch wirklich ernst genommen. Schliesslich geht es bei der Performance- oder Risiko-Messung immer darum, aussagekräftige Daten zu erhalten, um einerseits die Vergangenheit abzubilden, andererseits aber auch, für die Zukunft die richtigen Lehren zu ziehen.

Meiner Meinung nach sollte dem zweiten Aspekt künftig aber noch viel mehr Bedeutung zukommen: Die Evaluation der KPIs beziehungsweise der Legal Risk Factors sollte anstatt rückwärts- vielmehr vorwärts-gewandt erfolgen, d.h. mit welchen Indikatoren beziehungsweise Faktoren kann ich künftige Veränderungen und Risiken bereits heute am besten vorwegnehmen. Daher ist die Performance- und Legal Risk-Messung im Rahmen des Screening- und Monitoringprozesses von Umwelt- sowie Umfeldveränderungen ein absolut zentrales Instrument des vorausschauenden Corporate Professional Services Managements. Die Rechtsabteilung – ob als klassische Business Defense Unit ausgestaltet oder als moderner proaktiver Legal Business Partner – spielt hierbei natürlich eine absolut zentrale Rolle für jedes Unternehmen. Würde dieser Umstand von General Counsels aktiver kommuniziert und in ihrer jeweiligen Organisation propagiert, würden Rechtsabteilungen von ihren Geschäftsleitungen in diesem Bereich auch mehr Aufmerksamkeit erfahren.

Praxishandbuch Legal Operations Management, Springer Verlag 2017

Praxishandbuch Legal Operations Management, Springer Verlag 2017

Xecutives.net: Was ziehen Sie als Fazit aus dem Buchprojekt? Gibt es Gesichtspunkte des Legal Operations Managements, die Sie aufgrund der Zusammenarbeit mit so vielen anderen Experten aus heutiger Sicht anders beurteilen?

Roman P. Falta: Ja, ich war angenehm davon überrascht, wie vielfältige Gedanken sich die Autorinnen und Autoren im Zusammenhang mit dem Management der Rechtsfunktion in ihrem eigenen Unternehmen bzw. ihrer Behörde täglich machen. Als externer Berater haben Sie auf Kundenprojekten immer eine etwas eingeschränkte Sicht, da dort jeweils ein klares Ziel vereinbart wird, das der Auftraggeber erreichen möchte. Aus diesem Grunde lässt Sie dieser oft nicht an seiner gesamten Gedankenwelt zum Legal Operations Management teilhaben. Für mich war es daher sehr spannend zu beobachten, wie viele der involvierten Persönlichkeiten stetig versuchen, ihre Tätigkeit zu hinterfragen und zu verbessern. Nach vier Jahren intensiver Arbeit an diesem Gemeinschaftswerk ist es daher auch eine besondere Genugtuung, dass wir durch unser Praxishandbuch nun auch etwas an die unzähligen Legal Professionals in Deutschland, Österreich und der Schweiz zurückgeben können, die sich die gleichen Fragen wie wir stellen. Natürlich wird man in unserem Werk viele eigene Ideen zu bestimmten Themen bestätigt finden, was an und für sich bereits einen hohen Wert darstellen kann. Ich bin aber davon überzeugt, dass jeder Leser auch viele neue Eindrücke gewinnt, da wir versucht haben, auch neue und alternative Sichtweisen aufzuzeigen. Schliesslich gibt es auch Bereiche im „Praxishandbuch Legal Operations Management“, von denen ich annehmen kann, dass sie zum jetzigen Zeitpunkt im deutschsprachigen Raum nur einer Handvoll Legal Professionals überhaupt bekannt sind.

Xecutives.net: Sehr geehrter Herr Falta, ich bedanke mich im Namen von Xecutives.net für die Zeit, die Sie sich für dieses Interview genommen haben und wünsche Ihnen bei Ihren Projekten weiterhin viel Erfolg!

(C) 2017 by Thomas Schmid. Alle Rechte vorbehalten. Anderweitige Publikationen sind nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Autors gestattet.

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