Monika Jaus Xecutives.net-Interview
Monika Jaus Xecutives.net-Interview

Monika Jaus, 66, hat sich immer schon für die Natur und Bienen interessiert. Ihre Neugier für das Thema Bienen wurde immer grösser und sie entschied sich vor sechs Jahren, der Imkerei als Freizeitbeschäftigung nachzugehen, um sich vertieft mit den Bienen auseinandersetzen zu können. Monika Jaus hat diverse Imkerei-Kurse besucht und engagiert sich heute im regionalen Imkerverein im Vorstand, eine optimale Fläche, sich mit anderen Spezialisten austauschen zu können. Der Imkerverein setzt sich auf verschiedensten Ebenen mit den Bienen und der Natur auseinander. Zurzeit laufen Bestrebungen, den Bienen in Zusammenarbeit mit lokalen Bauern das Leben zu verbessern und die Menschen in Bezug auf die Bedürfnisse der Bienen zu sensibilisieren. Auch Monika Jaus’ Ehemann hat sich vom Bienen-Virus anstecken lassen und hat den Imkerei-Grundkurs I und II absolviert, womit das Hobby auch zur Familien-Teamarbeit wird.

Im Interview mit Xecutives.net beschreibt Monika Jaus ihre Arbeit mit den Bienen. Sie zeigt auf, wie diese Tiere leben, wie jede Biene auf die anderen Bienen angewiesen ist, wie das Bienenvolk arbeiten aufteilt und sie gewährt einen Einblick in die Imkerei, deren Resultat natürlich auch in gutem Honig bestehen soll, den wir alle schätzen. Was aber würde passieren, wenn Bienen in der Natur plötzlich nicht mehr leben könnten? Monika Jaus zitiert bei dieser Frage Albert Einstein, der sich auch mit Bienen beschäftigt hatte. Er beantwortet die Frage folgendermassen: “Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben.” Ohne Bienen geht somit nichts mehr, Grund, sich mit diesen Tieren auseinanderzusetzen. Das nachfolgende Interview bietet einen Einstieg in ein interessantes Thema.

Xecutives.net: Liebe Frau Jaus, Sie setzen sich seit vielen Jahren als interessierte Person und auch als Imkerin mit Bienen und deren Leben auseinander. Wann haben Sie angefangen, sich für diese Tiere zu interessieren?

Monika Jaus: Ich habe mich schon immer für Bienen interessiert, besonders da ich auch nach der Familiengründung einen Gemüse- und Blumengarten pflegte und die Bienen beim Nektar- und Pollensammeln beobachten konnte. Konkret mit der Imkerei habe ich mich aber erst ab 2013 befasst. Damals hatte ich mich bei unserem regionalen Imkerverein für den Imkerei-Grundkurs I und II angemeldet. Dieser dauert jeweils von Februar bis September und beinhaltet jeweils 9 Halbtage Unterricht. Schon im Grundkurs I erhielt jeder Teilnehmende von Vereinsmitgliedern einen Bienenschwarm, der dann für die praktische Ausbildung auf dem Lehrbienenstand herangezogen wurde. Letztes Jahr habe ich den vereinsinternen «Königinnenzuchtkurs» absolviert. Während dem Winterhalbjahr besuche ich regelmässig diverse Weiterbildungsveranstaltungen und Kurse.

Monika-Jaus-am-Arbeiten
Monika Jaus am Arbeiten

Xecutives.net: Im Schulunterricht wurde uns aufgezeigt, wie Bienen miteinander kommunizieren können. Das ist ganz ausserordentlich und die Natur zeigt sich hier mit ihrer ganzen Innovation, ihrem grenzenlosen Erfindergeist, eigentlich ein Wunder! Offenbar können Bienen auch bis zu 10 Kilometer zurücklegen, um Nahrung zu finden.

Monika Jaus: Ich denke, dass Bienen solche Strecken problemlos zurücklegen können. Aber ausschlaggebend für die Distanz, die eine Biene zurücklegt, ist wohl vor allem das Trachtangebot in der unmittelbaren Umgebung, das Alter der Biene und nicht zuletzt die Wind- und Wetterverhältnisse. Die Biene fliegt ja vor allem aus, um Nektar, Pollen, zu sammeln. Wanderimker stellen ihre Bienenvölker gerne in die Nähe von grossen Trachtgebieten z. B. Rapsfelder, um eine gute Trachtausbeute zu erzielen.

Xecutives.net: Bienen funktionieren nur als Volk. Jede Biene ist auf die andere angewiesen. Sie sorgen dafür, dass es der Königin gut geht und sie geben sich gegenseitig warm, indem Sie sich zu einer Traube formen und zitternd, also wärmeproduzierend, zusammenrücken. Das hat schon fast eine philosophische Dimension, wenn wir unser Leben als Menschen betrachten. Was geht Ihnen dabei durch den Kopf?

Monika Jaus: Die Menschen können sich eine grosse Scheibe vom gegenseitigen Verhalten der Bienen abschneiden. Das Zusammenleben des «Bien» ist ein Wunder. Bienen und andere Insekten gehören zu einer genialen Schöpfung – das macht einen demütig. Bienen übernehmen ab ihrem Schlüpfen aus der Zelle bis zu ihrem Tod ganz bestimmte Aufgaben, z.B. Zellen reinigen, Larven füttern, Nektar abnehmen und Honig einlagern, Waben bauen, Bienenstock bewachen und Sammeln von Nektar und Pollen. Was mich unter vielem persönlich immer wieder berührt, ist die Tatsache, dass die ältesten Bienen, die Trachtbienen, jeweils auch die gefährlichen Aufgaben des Sammelns von Nektar, Pollen, Wasser und Harzen übernehmen.

Futterwabe aus einem Bienenstock
Futterwabe aus einem Bienenstock

Xecutives.net: Wie geht ein Imker mit einem Bienenvolk um? Was passiert, wenn ein Volk sich an einen anderen Ort begibt, was ja offenbar immer wieder vorkommt?

Monika Jaus: Ein Imker liebt seine Bienen und versucht, die Völker gezielt mit den geeigneten Massnahmen durch das Bienenjahr zu führen.

Sie meinen aber sicher das «Schwärmen» eines Bienenvolkes. Schwärmen bezeichnet die natürliche Fortpflanzung oder Teilung eines Bienenvolkes im Frühling. Nur ein Teil des Volkes schwärmt mit der alten Königin aus und lässt den anderen Teil mit vielen Jungbienen, reichlich Bienenbrut sowie mehreren, geschlossenen Königinnenzellen zurück. Aus diesen Zellen schlüpfen später die Jungköniginnen. Dieses Volk wächst in der Regel mit der neuen Königin wieder zu einem Volk mit gesunder Volksstärke heran. Den Schwarm fängt der Imker ein und schlägt ihn in eine leere Beute. Falls der Imker den Schwarm verpasst, findet ihn eventuell ein anderer Imker. Wenn nicht, sind solche Schwärme in der Regel verloren, spätestens im Winter sterben diese Völker durch Hunger, Kälte und der Varroabelastung, eine Milbe und Parasit, die von Bienen lebt. Im Kanton Aargau haben Vereine in der Regel Imker als Schwarmfänger, die gebietsweise für das Einfangen von Schwärmen verantwortlich sind.

Brutwabe aus einem Bienenstock
Brutwabe aus einem Bienenstock

Xecutives.net: Haben solche Völker gar einen gewissen Charakter, der sie vielleicht von anderen Völkern unterscheidet?

Monika Jaus: Jedes Volk unterscheidet sich vom anderen, z.B. im Schwarmverhalten, der Sanftmütigkeit oder der Honigleistung. Die genetischen Eigenheiten eines Volkes werden durch die Gene der Königin und der mit ihr gepaarten Drohnen bestimmt. Ich wurde auch schon gefragt, ob mich die Bienen als ihre Imkerin erkennen. So schön dieser Gedanke ist, die Biene ist und bleibt ein Wildtier, was im Umgang mit Bienen nicht vergessen werden sollte. Ich persönlich trage in der Regel Schleier und Schutzkleidung, damit ich ruhig arbeiten kann. Trotzdem werde ich pro Saison oft gestochen. Es gibt immer wieder Bienen, die nicht «einverstanden» sind, wenn ich am Volk Arbeiten vornehme.

Xecutives.net: Ich habe unlängst mitbekommen, dass offenbar auch Diebe unterwegs sind, die Bienenvölker stehlen. Ist das nur ein Gerücht oder gibt es hier gar einen Schwarzmarkt?

Monika Jaus: Das ist ein trauriges Kapitel. Gerade wurde im Radio TeleM1 berichtet, dass einem Imker in Muri insgesamt 10 Völker auf zwei verschiedenen Bienenständen gestohlen wurden. In unserem Verein wurden vor einigen Jahren, ich glaube 2016 und 2017, Bienenvölker gestohlen. Es wurden unserem Belegstellenleiter Völker mit wertvollen Zuchtköniginnen und gleichzeitig einem Vereinsmitglied Völker von einem Bienenstand im Wald gestohlen. Diese Diebstähle konnten trotz Anzeige nie aufgeklärt werden. Seither ist in unserem Vereinsgebiet nichts mehr in dieser Richtung vorgefallen. Die Art und Weise, wie diese Völker abhandengekommen sind, schliessen auf eine Täterschaft mit Imkerkenntnissen. Ob jedoch ein Schwarzmarkt für gestohlene Bienenvölker existiert, weiss ich nicht, aber auf diese verurteilenswerte Weise können eigene Völkerverluste ausgeglichen werden.

Dronenwabe aus einem Bienenstock
Dronenwabe aus einem Bienenstock

Xecutives.net: Nur schon im Kanton Bern dürfte es gegen 4000 Imkerinnen und Imker geben. Mir fällt in meinem persönlichen Umfeld auf, dass sich viele Menschen für die Tätigkeit der Imkerei interessieren. Ist das auch ein bisschen eine Modeerscheinung? Und was muss man als persönliche Eigenschaften mitbringen, um als Imkerin oder Imker tätig zu sein?

Monika Jaus: Der Film «More than Honey”, der 2012 erschien, hat sicher dazu beigetragen, dass das Interesse an der Imkerei vermehrt wiederaufgelebt ist. In unserem Verein wurden allerdings bereits vor 2012 jedes Jahr Grundkurse sowie auch Königinnenzuchtkurse angeboten. Seit zwei Jahren nehmen wir für den Grundkurs I nur noch jeweils 10 Teilnehmende an, weitere Interessierte müssen wir für den nächsten Kurs vertrösten.

Die Imkerei ist ein anspruchsvolles Hobby. Um als Imkerin oder Imker tätig zu sein, braucht es reges Interesse und viel Freude an der Natur und im Besonderen natürlich an den Bienen. Am Anfang braucht es die nötige Zeit und die nötigen Finanzen, um dem Hobby Imkern nachzugehen. Auch nach dem Besuch von Ausbildungskursen ist der Lernprozess noch lange nicht abgeschlossen.

Der Zeitaufwand pro Jahr inklusive Besuch der Grundkurse und Betreuung von sagen wir drei Bienenvölkern beläuft sich auf zirka 130 Stunden im Jahr. Der grösste Zeitaufwand für die Völker fällt auf die Monate April bis August. Längere Ferien sind während dieser Zeit nicht möglich, da die Arbeiten an den Völkern während diesen Monaten durchgeführt werden müssen, wenn die natürliche Entwicklung der Völker dies erfordert. Die Anschaffungskosten für die Ausrüstung, den Kauf von drei Bienenvölkern und den Bienenbeuten sowie die Ausbildungskosten belaufen sich auf rund CHF 4’500.–. Diese Angaben und Erfahrungswerte stammen aus Kursunterlagen, die an Infoabenden an Interessierte angehende Imkerinnen und Imker von unserem Verein abgegeben werden.

Monika Jaus: Arbeit auf dem Bienenstand
Monika Jaus: Arbeit auf dem Bienenstand

Xecutives.net: Sie haben selber viele Kurse absolviert und bilden sich auf privat weiter. Was lernt man an einem solchen Kurs?

Monika Jaus: Die theoretische Grundlage bildet das Schweizerische Bienenbuch und der dazugehörende Kursordner, die von «Bienen Schweiz» (siehe Weblink unten) herausgegeben werden. Vermittelt wird viel theoretisches Wissen, z.B. über die drei Bienenwesen, erste Hilfe bei Bienenstichen, Gerätschaften und Materialkunde, Bienenbehausungen, Standortwahl, Körperbau und Lebenszyklus der Honigbiene und Volksführung durchs Bienenjahr, aber es geht auch um die Rechte und Pflichten des Imkers und Kenntnisse über das Lebensmittelgesetz. In meinem Kurs 2013 war es so, dass jeder Teilnehmende ein Bienenvolk kaufte oder einen Schwarm erhielt. Diese Völker wurden auf dem Lehrbienenstand aufgestellt und für die Arbeiten am Volk während des ganzen Kurses herangezogen. Der praktische Teil findet jeweils auf dem Lehrbienenstand, auf der Belegstelle oder bei einem Imker des Vereines statt. Dazu gehören etwa die Frühlingskontrolle, d.h. die Beurteilung des Volkes nach Volksstärke, Weiselrichtigkeit, Futter und Gesundheit. Weiter gehören dazu Fluglochbeobachtungen, Brutkontrolle, Schwarmkontrolle, Honigernte, Varroabehandlungen im Sommer und Winter, Einwintern der Völker und viele mehr.

Xecutives.net: Bienen spielen in der Natur eine ausserordentliche Rolle. Was würde passieren, wenn Bienen aussterben, offenbar eine Befürchtung, die vielleicht nicht ganz unbegründet ist.

Monika Jaus: Zu diesem Thema gibt es ja das berühmte Zitat von Albert Einstein: “Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben.” Das Zitat ist aber sehr umstritten und ob dies so wäre, mussten wir bis jetzt zum grossen Glück noch nicht herausfinden. Tatsache aber ist, dass Honigbienen einen immens wertvollen Beitrag für die Landwirtschaft leisten. Sie sind unentbehrlich für die Bestäubung von Nutzpflanzen, wie Raps, Obst und Gemüse. In einem Artikel von Agroscope habe ich letztes Jahr gelesen, dass die geschätzte Bestäubungsleistung für die Schweizer Agrarwirtschaft rund 350 Millionen Franken pro Jahr beträgt.

Eine gute Bestäubung der Blüten wirkt sich auf die Qualität der Früchte aus. Nur bei ausreichender Bestäubung wachsen schöne Früchte. Die Bestäubungsdienste sind aber auch für die Wildpflanzen von grossem Nutzen. Die Honigbiene sorgt zusammen mit anderen Insekten dafür, dass sich die Früchte und Samen dieser Pflanzen bilden und die Vielfalt der Arten erhalten bleiben.

Frühlingsflug der Bienen
Frühlingsflug der Bienen

Xecutives.net: Was ist es, was nebst Krankheitserregern wie der Varroamilbe, der Sauer- und der Faulbrut, den Bienen in unserer Welt das Leben schwierig macht? Mit anderen Worten, was könnten die Menschen, im speziellen auch die Bauern, die viel Land besitzen tun, konkret tun, um den Bienen das Leben zu erleichtern?

Monika Jaus: Im Grossen sind es sicher Pflanzenschutzmittel und die schwindende Biodiversität auf intensiv genutzten Feldern, die der Honigbiene zusetzen. Auch der Einsatz von mit Insektiziden gebeiztem Saatgut sind eine Gefahr für alle Arten von Bienen. Erfreulich ist, dass Bestrebungen im Gange sind oder sogar bereits sehr gute Programme aufgegleist wurden, um eben diese Defizite auszugleichen. Im Kanton Aargau gibt es das Projekt «Bienenfördernde Landwirtschaft», ein gemeinsames Projekt der Landwirte und Imker. Es beinhaltet die Förderung von Informationen zu Themen wie bspw. der Kontakt mit Pflanzenschutzmitteln vermeiden, die Verbesserung des Pollen- und Nektarangebots, die bienenfreundliche Schnitttechnik, die Erhöhung des Brutplatzangebotes für Wildbienen, die Verbesserung des Pollen- und Nektarangebots, der Austausch Imker und Landwirte und natürlich geht es um gute «imkerliche» Praxis (Siegelimker).

Sie fragen, was wir auch als Einzelperson tun können? Zum Beispiel Pestizide in Haus und Garten vermeiden! Einheimische Blumen, Hecken und Bäume pflanzen! Regionale Bioprodukte kaufen! Nisthilfen für Solitärbienen bauen! Imker unterstützen! Selber Bienen halten!

Xecutives.net: Frau Jaus, ich bedanke mich herzlich für dieses Interview und wünsche Ihnen und den Bienen weiterhin alles Gute!

(C) 2019 by Christian Dueblin. Alle Rechte vorbehalten. Anderweitige Publikationen sind nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Autors gestattet.