Gerhard Fercho

Gerhard Fercho

Gerhard Fercho, Jahrgang 1952, wurde nach seiner Tätigkeit als CEO bei Atos Origin im Jahr 2006 als Chef und Turnaround Manager von CSC Deutschland und Zentraleuropa berufen, einem der grössten IT-Dienstleister und Beratungsunternehmen der Welt mit über 92’000 Angestellten und Hauptsitz in Falls Church (USA). Während seiner beruflichen Laufbahn war er bereits bei führenden deutschen und US-amerikanischen IT-Unternehmen in verschiedenen Management-Positionen beruflich aktiv. Seit Gerhard Fercho als Turnaround Manager für CSC in der Region Zentraleuropa tätig ist, konnte er einen beachtlichen Kulturwechsel herbeiführen und CSC in der Region nachhaltig erfolgreich positionieren. Im Gespräch mit Christian Dueblin spricht Gerhard Fercho über seine Erfahrungen als Spitzenmanager eines grossen IT-Anbieters sowie über die Herausforderungen beim Sanieren von Unternehmen. Gerhard Fercho stellt klar, dass es im Wesentlichen die Firmenkultur und die Motivation der Mitarbeitenden sind, die den Unterschied zu anderen Unternehmen ausmachen – Motivation und Firmenkultur sind die Basis des Erfolgs, so sein Credo.

Dueblin: Sehr geehrter Herr Fercho, wie erleben Sie die IT-Industrie zurzeit und wie wird sich Ihrer Ansicht nach die Branche in den kommenden 5 Jahren entwickeln?

Gerhard Fercho: Um diese Fragen beantworten zu können, möchte ich gerne etwas ausholen: Als ich 1970 begonnen habe, in der IT-Branche zu arbeiten, galt der Markt als sehr aussergewöhnlich und exotisch. Die ersten Rechencenter belegten ganze Stockwerke und befanden sich hinter Panzerglas; die IT-Mitarbeiter trugen weisse Kittel. Lochkarten wurden rege genutzt und galten als sehr fortschrittlich. Das ist heute fast nicht mehr vorstellbar, denn die IT hat sich inzwischen in unserem Kulturkreis als fester Bestandteil etabliert – vor allem in Bezug auf die Interpendenzen zwischen Business- und Infrastrukturapplikationen. So sind effiziente IT-Prozesse für Unternehmen jeder Grössenordnung heute ein entscheidender Erfolgsfaktor. Die Informationstechnologie ist für ein Unternehmen quasi das, was der Blutkreislauf für den menschlichen Körper bedeutet: Ohne IT kann ein Unternehmen weder entstehen noch bestehen.

In der Zukunft wird die Informationstechnologie weiterhin enorm an Bedeutung gewinnen. Beispielsweise im Bereich der Mobilität, die eine immer grössere Rolle in unserem Leben spielt – sei es GPS, Mobiltelefonie oder andere Technologien. Die zunehmende Mobilität eröffnet ganz neue Möglichkeiten in den unterschiedlichsten Einsatzszenarien, gestaltet unser Privatleben einfacher und führt zu hohen Kosteneinsparungen sowie zu mehr Effizienz auf Unternehmensseite. Ich denke sogar, dass wir von einer weiteren Revolution sprechen können, denn heute wachsen Kinder von Beginn an mit aktuellen Technologien auf. Sie haben ein ganz anderes Verständnis für solche Dinge und entwickeln sogar eine andere Synapsenbildung als wir sie haben, die wir noch mit Kreide an die Tafel gemalt haben. Ich denke, dass der menschlichen Kreativität keine Grenzen gesetzt sind.

Wer hätte beispielsweise vor einigen Jahren vorausgesehen, dass sich Plattformen wie MySpace oder Facebook entwickeln. Das private und berufliche Leben spielt sich bei vielen Menschen zunehmend online ab. Das hat viele Vorteile und führt zu völlig neuartigen Wegen der Kommunikation und des Netzwerkens. Allerdings bergen diese technischen Fortschritte ebenso Nachteile. So staune ich immer wieder, welche Informationen Nutzer bedenkenlos preisgeben. Sie werden geradezu „gläsern“. Ebenso werden Online-Plattformen leider oft zweckentfremdet. Die Sicherheit und der verantwortungsbewusste Umgang mit neueren Technologie-Entwicklungen werden somit sehr wichtige Themen der Zukunft sein, denen wir viel Aufmerksamkeit widmen müssen – noch mehr als heute schon.

Dueblin: Outsourcing ist ein zentrales Schlagwort in der IT-Branche. Verhalten sich nicht viele mittelständische Unternehmen gerade in der momentanen wirtschaftlichen Lage hinsichtlich IT-Outsourcing sehr zurückhaltend und skeptisch? Wie beobachten Sie den Markt?

Gerhard Fercho: Vor dem Hintergrund der aktuellen Wirtschaftslage ist der Markt derzeit weltweit und über alle Branchen hinweg geprägt von einem enormen Kostendruck. Mehr denn je müssen Unternehmen ihre Kostenstruktur optimieren, um wettbewerbsfähig zu sein. Outsourcing ist in diesem Zusammenhang für zahlreiche Unternehmen ein wichtiger Hebel. Viele haben inzwischen erkannt, dass sie durch die Auslagerung der IT oder einzelner Prozesse ihre Fixkosten senken und gleichzeitig die Qualität des Services verbessern können.

Bei der Umsetzung von Outsourcing-Projekten beobachten wir allerdings länderspezifische Eigenheiten. In der Schweiz beispielsweise ist den Unternehmern eine sehr gesunde Grundvorsicht angeboren. Unternehmen reagieren hier auf Risiken und mögliche Probleme sehr wachsam. Insbesondere mittelständische Unternehmer, die aus eigener Tasche Geld investieren, wollen nicht nur ganz genau wissen, was mit unternehmenskritischen Daten passiert, sondern fordern ebenso eine entsprechende Kostentransparenz. Der typische Unternehmer möchte zudem nicht über eine Hotline mit einer ihm fremden Person sprechen, die sich möglicherweise sogar auf einem anderen Kontinent befindet. Der persönliche Kontakt ist hier ein wichtiges Kriterium hinsichtlich der Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Strategie.

Auch sind die Anforderungen an die Lieferstruktur und -bedingungen sehr hoch. Anforderungen wie diese sind ein wichtiges Anliegen, dem wir entgegenkommen. So verfügt CSC über ein globales Vertriebsnetzwerk, das einen Service bei unseren Kunden vor Ort ermöglicht – überall auf der Welt. Kostentransparenz und auf die Kundenanforderungen zugeschnittene Lösungen sind darüber hinaus Kriterien, denen wir einen hohen Stellenwert einräumen. Grundsätzlich ist Outsourcing ein sehr substanzstarkes Geschäft. Das ist auch ein Vorteil für Kunden. Denn ein Outsourcing-Anbieter muss eine gewisse Grösse aufweisen, um die gewünschten Skaleneffekte erzielen und gewinnbringend arbeiten zu können.

Gerhard Fercho (c) Gerhard Fercho

Gerhard Fercho (c) Gerhard Fercho

Dueblin: Die derzeitige Krise hat eine weit grössere Dimension als die Dotcom-Krise im Jahr 2000. Wie gehen Sie mit Ihrem Unternehmen mit den derzeitigen wirtschaftlichen Schwierigkeiten um?

Gerhard Fercho: Ein Unternehmen wie CSC als Komplett-Dienstleister im Bereich IT ist aufgrund seiner Grösse und Positionierung auf dem Markt von der Krise nur wenig betroffen. Das Unternehmen macht rund 2/3 des Geschäftes mit Outsourcing-Verträgen und 1/3 mit Beratung und Systems Integration. Outsourcing-Verträge werden gemeinhin mit einer Laufzeit von 5 bis 10 Jahren abgeschlossen und bieten in dieser Branche somit eine langfristige stabile wirtschaftliche Situation. In einer schwierigen Zeit, wie wir sie gerade erleben, tendieren die Kunden verstärkt dazu, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren. Wir stellen daher fest, dass zurzeit viele Unternehmen die IT wieder auslagern. Unternehmen investieren in einer Krise hingegen weniger in neue und innovative Projekte. Somit kommt es in diesem Zusammengang eher zu einer Stagnation und Konsolidierung.

Aber auch diese Krise wird irgendwann überwunden sein, so wie zahlreiche vorherige. Ich gehe davon aus, dass das Outsourcing-Geschäft im nächsten Jahr stagnieren wird, dafür die Beratungsdienstleistungen in Bezug auf Projekte und Innovation jedoch wieder zunehmen werden. CSC ist daher gut aufgestellt. Ein Beispiel aus unserem Produktportfolio mit sehr grossem Potential ist die New Compliance Solution. Sie bietet Finanzunternehmen, die mehrere tausend Gesetze und Vorschriften zu beachten haben, effektives Prozessmanagement und eine bessere Transparenz für die Entscheider.

Dueblin: Vor drei Jahren sind Sie von Atos Origin zu CSC gewechselt und haben den Auftrag bekommen, diese Firma in Zentraleuropa zum Erfolg zu führen. Es ist Ihnen in den letzten Jahren gelungen, was vorher offensichtlich jahrelang nicht erreicht werden konnte – nämlich deutliche kulturelle Veränderungen herbeizuführen und das Unternehmen insbesondere in Deutschland sehr erfolgreich zu machen. Wie kam es zu diesem Einsatz als Turnaround Manager und was sind die wichtigsten Entscheidungen, die Ihres Erachtens schliesslich zum Erfolg geführt haben?

Gerhard Fercho: 2006 stand bei CSC in Zentraleuropa eine grosse Integration hin zu einer einheitlichen Organisation an. Darüber hinaus bestand die Notwendigkeit, eine von gemeinsamen Werten getragene Unternehmenskultur zu schaffen. Etwas Ähnliches war mir gemeinsam mit einem guten Management-Team schon bei Atos Origin gelungen. Das hat die Aufmerksamkeit der Verantwortlichen von CSC geweckt und sie haben mich gefragt, ob ich mich für CSC einsetzen möchte. Eine Herausforderung, die ich gerne angenommen habe.

Wenn sich Strukturen von Unternehmen verändern, muss auch dem Empfinden der Mitarbeitenden Aufmerksamkeit geschenkt werden. So können sich Mitarbeiter möglicherweise benachteiligt oder gar nutzlos fühlen. Auch die Akquirierung eines Unternehmens löst bei den Mitarbeitern oft einen negativen Beigeschmack aus. Sie bekommen ein Unternehmen „übergestülpt“, das anders funktioniert und dessen Kultur sich möglicherweise von der des eigenen Unternehmens unterscheidet. Das kann die Mitarbeitenden stark verunsichern und demotivieren. Das war auch 1997 bei der Übernahme der mittelständischen Firma Plönzke in Deutschland durch CSC der Fall. Den Mitarbeitern, die eine inhabergeführte Unternehmenskultur gewohnt waren, eine (neue) Heimat in einem weltweit tätigen grossen Konzern zu geben, ist kein leichtes Unterfangen. Der nötige kulturelle Wandel erfordert viel Einsatz und war lange Zeit stockend. Über Jahre hinweg konnte die Situation nicht merklich verbessert werden. Doch inzwischen haben wir den Turnaround geschafft.

Die Dienstleistungs-Angebote von IT-Outsourcing-Unternehmen wie Atos-Origin, T-Systems, Swisscom aber auch CSC unterscheiden sich nur wenig voneinander. Die Differenzierung der Unternehmen erfolgt hauptsächlich durch die Mitarbeiter, die entsprechend motiviert und engagiert arbeiten. Nur mit guten und motivierten Mitarbeitern kann sich ein Unternehmen durch hervorragende Leistungen und mit einem visionären Einsatz von einem anderen Anbieter abheben. Deshalb habe ich das Schwergewicht meiner Tätigkeit auf den Kulturwechsel gelegt.

Dueblin: Welche Vorhaben haben Sie bei CSC konkret umgesetzt?

Gerhard Fercho: Als ich bei CSC eingestiegen bin, war die Verunsicherung unter den Mitarbeitern gross und die Fluktuation hoch. Mir war klar, dass sich die Mitarbeiter mit dem Unternehmen offensichtlich zu wenig identifizieren konnten. Meine erste Aufgabe bestand deshalb darin, die Firmenkultur zu optimieren und dabei dem Befinden der Mitarbeitenden die höchste Priorität einzuräumen. Das Unternehmen hing seit der erfolgten Übernahme vor vielen Jahren wie ein loses Anhängsel am Konzern. Das weltweite Konzerngeflecht wurde von vielen nicht akzeptiert. Das hat zu einem immensen Anstieg von Frustration geführt und natürlich auch zu schlechten Zahlen. Die richtige Auswahl der Manager und der ständige direkte Kontakt zu den Mitarbeitern sind in diesem Zusammenhang absolut zentral. Deshalb haben wir für alle geltende, transparente Grundwerte und Führungsleitlinien erarbeitet und zur Grundlage unseres Miteinanders gemacht. Zudem muss stringent und nachhaltig kommuniziert werden. Denn wenn man Wasser predigt, muss man auch Wasser trinken. Deshalb treffe ich mich unter anderem regelmässig mit einer kleinen Anzahl von Mitarbeitern zu sogenannten Frühstücksrunden. Dort diskutiere ich mit ihnen über ihre Anliegen. Damit offen über alles gesprochen wird, nimmt das Management nicht daran teil.

Dueblin: Oft ist es aber so, dass Menschen in solchen Turnaround-Situationen mit einem Kulturwandel nicht umgehen können, aus welchen Gründen auch immer.

Gerhard Fercho: Cultural-Change-Prozesse finden nicht überall Zuspruch. Sie sind aber dennoch wichtig für das Unternehmen, wenn es erfolgreich sein möchte. Zu Beginn meiner Tätigkeit lag die Kündigungsrate deutlich über dem Branchendurchschnitt und die Mitarbeiterbindung an das Unternehmen war zu niedrig. Beides haben wir durch unterschiedliche Massnahmen zum Positiven wenden können und sind heute zum Teil besser als der Branchendurchschnitt. Wir haben Analyseunternehmen mit der Ermittlung dieser Zahlen beauftragt. Interessant ist auch die Beteiligungsrate der Mitarbeitenden bei dieser freiwilligen Befragung. Sie lag im Jahr 2006 bei unter 40%. Einige Monate später haben bereits 76% an der Befragung teilgenommen. Bei der letzten Befragung im Jahr 2009 machten sogar 86% des Personals mit. Die Mitarbeitenden sind sich demnach bewusst, dass sie aktiv etwas verändern können, wenn sie sich an solchen Prozessen beteiligen. Wir waren und sind über diese Resultate sehr erfreut. Die Mitarbeiter sind engagiert und geben uns wichtiges Feedback. Wir haben im Übrigen auch die Anzahl der Mitarbeiter ermittelt, die sich voll und ganz mit dem Unternehmen identifizieren können. Diese Zahl hat sich von der ersten bis zur letzten Umfrage verdreifacht. Die Anzahl der Mitarbeiter, welche sich nicht richtig mit CSC identifizieren können, konnte dagegen um 65% reduziert werden. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Gerhard Fercho (c) Gerhard Fercho

Gerhard Fercho (c) Gerhard Fercho

Dueblin: CSC ist ein riesiger Konzern, der von den USA aus geleitet wird. Ist darin ein weiterer Grund für die Schwierigkeiten nach der Übernahme der Firma Plönzke durch CSC zu sehen?

Gerhard Fercho: Ob ein Unternehmen Teil eines amerikanischen oder eines französischen Konzerns ist, macht meines Erachtens keinen grossen Unterschied. Was den Mitarbeitenden Sorgen bereitet, ist vielmehr grundsätzlich eine anonyme Oberstruktur, welche die wichtigen Entscheidungen fällt und alles überwacht. Das ist aber bei CSC nicht der Fall. Wenn man in einem Konzern arbeitet, sind dennoch gewisse Strukturen und Ordnungen unausweichlich. Ein mittelständisches Unternehmen benötigt eine solche Ordnung nicht in diesem Masse. In einem grossen Konzern wie CSC können aber beispielsweise die heutigen Compliance- und Governance-Vorgaben nicht ohne bestimmte Regeln eingehalten werden.

Abgesehen davon kann ein Konzern den Mitarbeitern auch sehr viel bieten – wie die Flexibilität des Arbeitsplatzes beispielsweise. So haben Mitarbeiter die Möglichkeit, auch an Arbeitsplätzen in anderen Ländern Erfahrungen zu sammeln. Auch im Bereich der Weiterbildung können den Angestellten viele Möglichkeiten geboten werden. Trotzdem fühlt sich nicht jeder in einer Konzernstruktur wohl. Es gibt Menschen, die dafür nicht geschaffen sind und sich mit einem kleineren Unternehmen besser identifizieren können. Eine Konzernstruktur ist dann auch nicht zielführend.

Dueblin: Unternehmen kaufen andere Unternehmen oder fusionieren miteinander. Solche Unterfangen können zu Milliardenschäden führen, wie das beispielsweise bei Daimler Benz und der amerikanischen Firma Chrysler passiert ist. Was raten Sie Unternehmen und Managern in diesem Zusammenhang?

Gerhard Fercho: Primär bin ich der Meinung, dass sich jeder sehr schnell von alten „Zöpfen“ trennen sollte. Das bringt in der Regel auch personelle Veränderungen mit sich. In der Schweiz, wo wir heute 700 Mitarbeitende haben, musste ich mich damals von der ganzen Geschäftsleitung trennen. In Deutschland war das leider ähnlich. Wichtig ist, seine Ziele klar zu kommunizieren. Und es ist fundamental, dass Mitstreiter den Weg mitgehen. Ein Manager ist nur so gut, wie das Management-Team, das er führt. Wird deutlich, dass jemand einen Weg nicht beschreiten will oder kann, muss der Entscheider konsequent handeln. Das ist ein Vorgehen, das viele Manager scheuen, da sie sich so nicht nur Freunde schaffen. In einer Turnaround-Situation muss jeder Konflikt angegangen werden. Werden neue Stellen besetzt, sollte das Unternehmen dafür genügend Zeit einplanen und nicht übereilt handeln. Ein Ausbauprozess muss sehr gewissenhaft durchgeführt werden, damit er auch trägt und substantiell stark ist. Sehr wichtig ist auch, ein heterogenes Umfeld zu schaffen. Es ist meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass wir die besten Managerinnen und Manager sowie Kolleginnen und Kollegen in der Geschäftsleitung haben. Dieser Punkt wird bei der Umsetzung von Turnarounds oft nicht beachtet.

Dueblin: Was sind neben den erforderlichen Fachkenntnissen Ihres Managements weitere Kriterien, die Ihnen bei der Einstellung Ihrer Managerinnen und Manager wichtig sind?

Gerhard Fercho: Für mich steht die Persönlichkeit eindeutig im Vordergrund. Es müssen Menschen sein, von denen andere sagen: Für den möchte ich arbeiten! Ein guter Manager sollte fähig sein, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich seine Mitarbeitenden wohlfühlen. Er muss Charisma und soziale Kompetenzen haben.

Dueblin: Was sind die grossen Fehler, die beim Umorganisieren von Firmen passieren? Können Sie uns einige Beispiele nennen, die Sie im Verlauf Ihrer Karriere erlebt haben?

Gerhard Fercho: Der grösste Fehler ist, sich über zwei Ebenen hinwegzusetzen, die beim Turnaround jedoch unbedingt mitgenommen werden müssen: die Kunden und die Mitarbeitenden. Für beide müssen das Unternehmen sowie die Kontaktperson verlässliche Partner sein. Tatsächlich kranken gerade Grosskonzerne oft daran, dass sie diese beiden Faktoren vernachlässigen und sich hauptsächlich um andere Probleme kümmern. Ich sehe das Ganze wie eine Münze: Die Seite „Kunde“ und die Seite „Mitarbeiter“ sind untrennbar miteinander verbunden. Damit ein Unternehmen erfolgreich sein kann, braucht es beide. Das wird auch am Beispiel CSC deutlich. Es gab eine Zeit, in der das Image von CSC nicht so gut war. Um es zu verbessern, brauchten wir Projekterfolge bei Kunden, die wir dank guter und motivierter Mitarbeiter erzielen konnten. Heute ist unser Image deshalb viel besser.

Die richtige Strategie ist natürlich ebenso Grundvoraussetzung. Das Management muss über ein sehr gutes Fachwissen verfügen und den Kontakt zu den Kunden pflegen. Das Unternehmen sollte dem Kunden mit Rat und Tat zur Seite stehen und ihm helfen, die Risiken aber auch die Möglichkeiten für sein eigenes Unternehmen aufzuzeigen. Zudem braucht es eine Dienstleistung (oder ein Produkt), die auf dem Markt gefragt ist. Es muss sich durch die Art und Weise des Agierens von anderen abheben und damit eine positive Wahrnehmung beim Kunden erzielen. Dazu gibt es auch ein schönes Beispiel: Auf einem Executive-Kongress, an dem ich teilgenommen habe, erklärte einer der Executives, wie sich ein Dienstleister zu einer Marke entwickeln könne. Ich spreche dabei von einer Marke wie beispielsweise Coca Cola. „You are all competing in the sea of sameless“, sagte der Markenexperte.

Der wichtigste Faktor, der einen Dienstleister von seinen Mitbewerbern unterscheidet, sei der Mensch. Der Mitarbeiter, der für den Kunden Service erbringt und häufig einen ganz persönlichen Zugang zu ihm hat, ist entscheidend für den Erfolg eines Dienstleisters. Es gehe darum, dauerhaft die Erwartungen des Kunden zu übertreffen. Diese Meinung teile ich. Daher habe ich bereits im vergangenen Jahr die Initiative „Exceed expectations!“ ins Leben gerufen. Die dort anvisierten Ziele werden nur mit Mitarbeitern erreicht, die hochmotiviert und sehr kompetent sind und sich mit der Kundensituation absolut identifizieren können. Das ist der Schlüssel für nachhaltige Kundenbeziehungen. Die Zahlen kommen dann in der Regel, wenn alle anderen Aufgaben auch richtig bewältigt sind, von alleine nach.

Dueblin: Herr Fercho, was sind Ihre Wünsche für Ihr Unternehmen und für sich persönlich?

Gerhard Fercho: Ich hoffe, dass ich weitere Veränderungsprozesse in Bezug auf die Unternehmenskultur bei der CSC begleiten und leiten darf und dass ich die Stärke habe, den Kurs zu halten. Ausserdem wünsche ich mir, dass die Menschen, die später einmal mit mir zurückschauen werden, mit dem erreichten Resultat zufrieden sind und sagen: Das war eine gute Zeit! Was mich persönlich betrifft, kann ich nur sagen: „Dass der Herr mir jeden Tag einen guten Tag schenkt!“

Dueblin: Sehr geehrter Herr Fercho, ich bedanke mich herzlich für dieses Gespräch und wünsche Ihnen und Ihrem Unternehmen alles Gute und weiterhin viel Erfolg!

(C) 2010 by Christian Dueblin. Alle Rechte vorbehalten. Anderweitige Publikationen sind nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Autors gestattet.

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